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Ermittlungsverfahren

 

Das Ermittlungsverfahren oder auch Vorverfahren genannt ist der Ausgangspunkt jedes Bußgeld- und Strafverfahrens. Es wird durchgeführt durch eine Ermittlungsbehörde, in der Regel die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft.

 

Das Ermittlungsverfahren beginnt mit dem bekannt Werden einer Straftat bzw. einer Strafanzeige und endet mit der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft. Diese kann folgende Inhalte haben:

 

  • Einstellung des Verfahrens
  • Anklageerhebung
  • Beantragung eines Strafbefehls.

 

Folgendes kann die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beim Ermittlungsrichter beantragen:

 

  • Haftbefehle
  • Durchsuchungsbeschlüsse
  • Telefonüberwachungen
  • Arreste.

1. Ladung als Beschuldigter im Ermittlungsverfahren von der Polizei

 

Werden Sie im Ermittlungsverfahren zur Vernehmung als Beschuldigter von der Polizei vorgeladen, müssen Sie der Ladung nicht folgen. Sie haben keine Pflicht, zu einer Vernehmung durch die Polizei zu erscheinen. Aus Höflichkeitsgründen ist jedoch anzuraten, dass Sie der Polizei zumindest telefonisch mitteilen, dass Sie zur Ladung nicht erscheinen werden.

 

Da niemand verpflichtet ist, sich selbst zu belasten, hat Ihr Nichterscheinen bei der Polizei für ein späteres eventuelles Urteil keine Nachteile für Sie.

 

Verlangt ein Polizeibeamter von Ihnen ausdrücklich, dass Sie ihm Ihre Personalien nenne, also Ihren Namen, Ihr Geburtsdatum und Ihre Anschrift, so sind Sie verpflichtet, diese Angaben zu machen. Zu weiteren Angaben, insbesondere bezüglich des Tatvorwurfes, sind Sie hingegen nicht verpflichtet.

 

2. Vorladung als Beschuldigter durch Staatsanwaltschaft oder Ermittlungsrichter

 

Einer Ladung durch den Staatsanwalt oder den Ermittlungsrichter hingegen müssen Sie Folge leisten. Als Beschuldigter haben Sie im Ermittlungsverfahren vor der Staatsanwaltschaft und dem Strafgericht eine Anwesenheitspflicht. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, kann es passieren, dass Sie zwangsweise vorgeführt werden.

 

Ihre Aussage vor der Staatsanwaltschaft oder dem Ermittlungsrichter sollten Sie dringend vorab mit Ihrem Strafverteidiger besprechen.

 

Auch gegenüber der Staatsanwaltschaft oder dem Ermittlungsrichter sind Sie nicht verpflichtet, irgendwelche Angaben zur Sache zu machen. Sie sind nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten! Ihr Schweigen auch gegenüber Staatanwaltschaft und Ermittlungsrichter darf nicht zu Ihrem Nachteil gewertet werden.

 

Auf ausdrückliches Verlangen der Staatsanwaltschaft oder des Ermittlungsrichters sind Sie lediglich verpflichtet, Angaben zu Ihren Personalien (Name, Geburtdatum, Anschrift) zu machen.

 

3. Akteneinsicht

 

Gemäß § 147 StPO ist der Verteidiger befugt, die Akte, die dem Gericht vorliegt oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wäre, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen. Der Beschuldigte selbst hingegen erhält keine Einsicht in die Ermittlungsakte; hierfür muss er einen Rechtsanwalt mit seiner Strafverteidigung beauftragten.

 

Nach § 147 II StPO kann dem Strafverteidiger die Einsicht in die Ermittlungsakte oder einzelne Aktenstücke sowie die Besichtigung der amtlich verwahrten Beweisstücke versagt werden, wenn der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in der Akte vermerkt ist und die Einsicht in die Akte, einzelne Aktenstücke oder Beweisstücke den Untersuchungszweck gefährden könnte. Im § 147 III StPO sind für diesen Fall jedoch bestimmte Schriftstücke aufgezählt, in welche der Verteidiger in jeder Lange des Verfahrens Einsicht nehmen darf.

 

Befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft, erhält der Verteidiger zur Vorbereitung der Haftprüfung in der Regel ebenfalls Akteneinsicht. Wird ihm die Akteneinsicht verwehrt, kann der Verteidiger im Rahmen der Haftprüfung verlangen, dass ihm der wesentliche Inhalt der Ermittlungsakten mitgeteilt wird.

 

4. Hausdurchsuchung

 

Ist die Staatsanwaltschaft auf der Suche nach Beweismitteln, so ist sie befugt, Hausdurchsuchungen durchzuführen. Hierzu benötigt sie in der Regel einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss.

 

Klingelt die Staatsanwaltschaft bei Ihnen zu Hause und öffnen Sie die Tür einfach nicht, um auf diese Art und Weise die Hausdurchsuchung zu vereiteln, wird Ihnen dies nicht weiterhelfen. Öffnen Sie die Tür nicht freiwillig, so wird dies der Schlüsseldienst tun.

 

Öffnen Sie die Haustür, so werden die Beamten Ihnen zunächst einen Durchsuchungsbeschluss vorlegen. In diesem Durchsuchungsbeschluss ist festgehalten:

 

  • Gegen wen richtet sich das Ermittlungsverfahren?
  • Wo soll durchsucht werden?
  • Soll etwas Bestimmtes gesucht werden oder sollen lediglich allgemein weitere Beweismittel aufgefunden werden?

 

Durchsuchungen sind grundsätzlich nur zu folgenden Zeiten gestattet:

 

  • In der Sommerzeit (01.04. – 30.09.) von 04:00 Uhr bis 21:00 Uhr
  • In der Winterzeit (01.10. – 31.03.) von 06:00 Uhr bis 21:00 Uhr

 

Eine Durchsuchung ist außerhalb dieser Zeiten nur dann statthaft, wenn sie richterlich angeordnet wurde.

 

Richtet sich das Ermittlungsverfahren nicht gegen Sie, so muss in dem Durchsuchungsbeschluss genau angegeben sein, was konkret gesucht wird. Darüber hinaus muss angegeben werden, warum man dies bei Ihnen sucht. Durchsuchungen bei Nichtbeschuldigten sind so genannte Drittdurchsuchungen, welche häufig in Räumlichkeiten von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten, Unternehmensberatern und anderen beratenden Berufsträgern stattfinden.

 

Werden die durchsuchenden Beamten in Ihren Räumlichkeiten fündig, so sollten Sie die gesuchten und aufgefundenen Sachen an diese herausgeben. Werden Papiere gesucht und aufgefunden, so sollten Sie darauf bestehen, dass diese nur von dem jeweils zuständigen Staatsanwalt durchgesehen werden dürfen. Zwar ist es auch Polizeibeamten gestattet, aufgefundene Papiere vor Ort durchzusehen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn entsprechendes im Durchsuchungsbeschluss angeordnet wurde. Fehlt eine solche Anordnung, so sind die Polizeibeamten verpflichtet, Papiere in einem Briefumschlag bzw. in Kartons unterzubringen und den Briefumschlag zuzukleben bzw. die Kartons zu versiegeln und die Unterlagen so verschlossen dem zuständigen Staatsanwalt vorzulegen.

 

Es ist anzuraten, dass Sie sich eine Kopie sowohl des Durchsuchungsbeschlusses als auch des Durchsuchungsprotokolls übergeben lassen.

 

Auch während der Durchsuchung haben Sie Anspruch, sich anwaltlich beraten zu lassen.

 

Soll bei Ihnen eine Hausdurchsuchung durchgeführt werden, rate ich Ihnen insbesondere zu Folgendem:

 

  1. Nehmen Sie bereits während der Durchsuchung anwaltlichen Rat in Anspruch.
  2. Bewahren Sie Ruhe!
  3. Widerstand, Beschimpfungen und Drohungen gegenüber den Durchsuchungsbeamten schaden Ihnen nur.

 

Sollen Ihre Wohnungs- oder Geschäftsräume durchsucht werden, beachten Sie Folgendes:

 

  1. Verlangen Sie von dem Durchsuchungsbeamten (der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft) Auskunft darüber, wer die Durchsuchung angeordnet hat. Lassen Sie sich bei richterlich angeordneten Durchsuchungsmaßnahmen den Durchsuchungsbefehl übergeben. Sie sind berechtigt, den Durchsuchungsbefehl zu kopieren. Steht Ihnen ein Kopierer nicht zur Verfügung, notieren Sie sich den Inhalt des Durchsuchungsbefehls.
  2. Nehmen Sie noch während der Durchsuchung anwaltlichen Rat in Anspruch. Sie haben in jedem Stadium des Verfahrens Anspruch auf einen Strafverteidiger.
  3. Werden während der Durchsuchung Unterlagen oder andere Beweismittel beschlagnahmt, bestehen Sie auf Aushändigung eines Beschlagnahmeprotokolls, in welchem die mitgenommenen Gegenstände konkret aufgeführt sind. Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Aushändigung dieses Protokolls.
  4. Machen Sie vor Rücksprache mit Ihrem Strafverteidiger absolut keine Angaben zur Sache.
  5. Wird Ihr Unternehmen durchsucht, ist es Ihnen gestattet, jedem Ihrer Mitarbeiter den Rat zu geben, bei der informatorischen Befragung durch die Durchsuchungsbeamten, keinerlei Auskünfte zu erteilen.
  6. Ihre Pflicht als Betroffener einer Durchsuchung besteht ausschließlich darin, die Durchsuchungsmaßnahmen zu dulden. Zu einer aktiven Mitwirkung sind Sie nicht verpflichtet.

 

a. Voraussetzungen einer Durchsuchung

 

Eine Durchsuchung ist eine Suche nach Personen oder Beweismitteln. Objekt der Durchsuchung kann sein:

 

  • Wohnungen und andere Räumlichkeiten
  • bewegliche Sachen
  • Personen

 

Durchsuchungen können stattfinden bei:

 

  • dem Verdächtigen / Beschuldigten
  • Nichtverdächtigen („Drittdurchsuchung“)

 

b. Durchsuchung bei dem Verdächtigten / Beschuldigten

 

Die Durchsuchung bei dem Verdächtigten ist im § 102 StPO geregelt. Dieser Paragraph sagt folgendes:

 

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck einer Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

 

c. Durchsuchung bei anderen Personen

 

Die Durchsuchung bei anderen Personen ist im § 103 StPO geregelt. Dieser Paragraph sagt das Folgende:

 

Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigen oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in dem zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat nach § 129 a, auch in Verbindung mit § 129 b I des Strafgesetzbuches oder einer der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, dass sich der Beschuldigte in ihm aufhält.

 

d. Durchführung der Durchsuchung

 

Durchsuchungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn sie durch einen Richter angeordnet wurden. Bei Gefahr in Verzug kann die Durchsuchung auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen angeordnet werden.

 

Ein Durchsuchungsbeschluss muss innerhalb eines halben Jahres vollzogen werden. Nach Ablauf dieser Zeit verliert er seine Gültigkeit.

 

Haben Personen ein Zeugnisverweigerungsrecht, dürfen bei ihnen dennoch Durchsuchungen durchgeführt werden. Werden bei zeugnisverweigerungsberechtigten Personen Gegenstände gefunden, auf welche sich das Zeugnisverweigerungsrecht bezieht, oder schriftliche Mitteilungen zwischen den Beschuldigten und den zeugnisverweigerungsberechtigten Personen, unterliegen diese dem Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO.

 

e. Rechtswidrige Durchsuchung

 

War eine Durchsuchung rechtswidrig, weil ihr etwa eine richterliche Anordnung fehlte, unterliegen die bei dieser Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel einem Beweisverwertungsverbot. Das bedeutet, dass diese Gegenstände im Strafverfahren zum Nachweis des Tatvorwurfs gegen den Beschuldigten nicht verwendet werden dürfen.

 

5. Festnahme

 

Festnahme ist jede Maßnahme, durch welche eine Person in behördlichen Gewahrsam gebracht wird.

 

a. Voraussetzungen der Festnahme

 

Eine Festnahme ist nur in den gesetzlich geregelten Fällen zulässig. Sie muss darüber hinaus vom Richter angeordnet oder zumindest nachträglich bestätigt werden.

 

Eine Festnahme durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes ist gem. § 127 II StPO nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

 

aa. Gefahr in Verzug

 

Gefahr in Verzug ist dann gegeben, wenn die Festnahme gefährdet wäre, wenn man erst den Erlasse eines richterlichen Haftbefehls abwarten wolle.

 

bb. Die Voraussetzungen für einen Haftbefehl müssen vorliegen.

 

Ein Haftbefehl setzt zunächst einen dringenden Tatverdacht voraus. Ein dringender Tatverdacht liegt dann vor, wenn nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass eine bestimmte Person Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist, sodass mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass diese Person als Täter oder Teilnehmer verurteilt wird.

 

cc. Es liegt ein Haftgrund vor.

 

Haftgründe sind die Folgenden:

 

  • Flucht des Beschuldigten
  • sich – verborgen - halten des Beschuldigten
  • Bestehen der Fluchtgefahr
  • Verdunkelungsgefahr

 

Darüber hinaus muss die Haftanordnung verhältnismäßig sein. Die setzt voraus, dass die Gründe, die für die Untersuchungshaft sprechen, schwerer wiegen, als die Nachteile, welche dem Inhaftierten durch die Haft entstehen.

 

Wird gegen Sie ein Haftbefehl erlassen, informieren Sie sofort Ihren Strafverteidiger! Machen Sie zudem ohne vorherigen anwaltlichen Rat keine Angaben zur Sache!

 

6. Vorführung

 

Die Person, welche vorläufig festgenommen wurde, muss spätestens am Tag nach der Festnahme dem Haftrichter vorgeführt werden.

Silke Nordmann Rechtsanwältin  | Kanzlei@silke-nordmann.de